„Harte Sanierer“, dieser Begriff wird von der Presse „hart“näckig gepflegt – fälschlicherweise.
Erfolgreiche Sanierer sind nicht hart. Die Sache und die Personen werden in der Presse gerne gleichgestellt. Sanierer haben einen harten Job. Sie müssen meist harte Schritte durchführen und harte Entscheidungen treffen. Wer als Sanierer probiert ein hartes Image zu pflegen, weil die Presse diese Charaktereigenschaft suggeriert, wird scheitern.
Faktenbasiert Entscheidungen zu treffen gehört zum Job und klingt zuerst recht kalt. Doch wie werden die richtigen Fakten und Informationen gesammelt? Wie werden Entscheidungen umgesetzt? Emotionale Intelligenz ist die Antwort. Einfühlungsvermögen, Neugierde, ehrliches Interesse, Menschenkenntnis und sehr viel Kommunikationsgeschick sind notwendig, um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen und diese umzusetzten bzw. umsetzten zu lassen.
Sanierung ist ein „People Business“.
Banken, Gläuber, Kunden (mit offenen Rechnungen), Investoren, interne Stakeholder, Presse und vor Allem die Mitarbeiter gilt es in einem engen finanziellen und zeitlichen Rahmen zielgerecht zu führen. Meist ist keine gute Verhandlungsposition gegeben, so dass harte Töne oftmals nicht zielführend sind. Ausgeprägte zwischenmenschliche Fähigkeiten sind in diesem Job erforderlich. Transparenz bieten, vorbildlich führen, motivieren, inspirieren und alle Menschen zusammenzuschweissen die das Unternehmen zum überleben braucht.
Mein Appell and die Presse: „Harter Job für echte Menschen“
Emotionale Intelligenz reicht nicht!
Ob für „knallharte“ Sanierung oder „sanfte“ Unternehmensentwicklung, für jede Führungssituation ist emotionale Intelligenz erforderlich. Gerade hier besteht kein Unterschied zum Chef in einer „normalen“ Führungssituation. Worin sich jedoch die Anforderungen an die Topführungsperson im Sanierungsfall unterscheiden sind:
(1)Geschwindigkeit von Entscheidung und Umsetzung, welche die sonst übliche Reife und Detailqualität hintenanstellt.
(2)Intuitives Urteilvermögen, welches anstelle der zeitraubenden Analysen tritt
(3)Erfahrung aus ähnlichen Situationen, weil keine Zeit für Experimente besteht
(4)Klarheit und Eindeutigkeit der Entscheidungen bzw. Richtungsgebungen, weil kein breit abgestützter Konsens geschaffen werden kann
(5)Hohe Glaubwürdigkeit, weil kein profesisoneller Managementapparat das Wirken in die Organisation hineinträgt
(6)Mut zum Risiko, einen unbekannten Weg zu gehen, weil sich die sonst üblichen Geschäftsopportunitäten im Sanierungsfall nicht aufdrängen. Wie in keiner anderen Führungssituation, bestimmt allein der Erfolg bzw. Misserfolg die berufliche Reputation des „Sanierers“.
(7)Fokus auf die Liquidität, das heisst auf Geld in der Kasse zum Überleben, weil gerade das Vertrauen der Geldgeber fehlt. Ist die Sanierung gelungen, stehen die Geldgeber wieder vor der Tür, um das Wachstum zu finanzieren.
Und weil diese Anforderungen nur vorübergehend im Unternehmen geschätzt werden, ist der interimistische Chef die bessere Lösung als jener mit einem mehrjährigen Dienstvertrag, der das Unternehmen langfristig begleiten soll.
Herr Suter
In allen Punkten sprechen Sie mir aus der Seele.
Dies sind absolut die Punkte, die uns Turnaround Manager auszeichnen.
Wie ist Ihre Wahrnehmung bezüglich des Bildes, dass die Medien über Sanierer verbreiten?
Vielen Dank für Ihren Beitrag.
Dietmar A. Dold
In der Presse wird – was immer die Ursachen sind – ein im Ergebnis genauso verzerrtes Bild vom Sanierer wie überhaupt vom internen Unternehmensgeschehen dargestellt.
Eine Ursache ist sicherlich die mediale Zuspitzung, um die Aufmerksamkeit des Medienkonsumenten zu erhalten. In Realität ist der Unternehmensalltag und speziell die Sanierung viel ereignisarmer als in den Medien dargestellt. Ähnlich falsch ist das in der veröffentlichte Bild, dass Innovationen viel mit genialer Erfinderkreativität zu tun hat. Das Gegenteil ist der Fall, erfolgreiche Innovationen sind zu 99% das Ergebnis von minutiöser Detailarbeit.
Eine andere und viel folgenschwerere Ursache für verrerte Mediendarstellungen ist, dass die Medienschaffenden selbst unbeteiligt sind und ÜBER etwas berichten, zu dem sie keinen direkten Zugang haben. Die Medienschaffenden sind auf „Hörensagen“ angewiesen, was andere berichten (und was diese selbst vielleicht wiederum nur gehört oder gelesen haben). Vor Ort mitzuerleben, persönliche Erfahrungen zu sammeln und dann VON etwas möglichst objektiv zu berichten, ergäbe ein authentischeres Bild vom Unternehmensgeschehen.
Übrigens: An diesem Problem leidet nicht nur die mediale Berichterstattung, sondern auch die akademische Lehre der Unternehmensführung.